30 Jahre ADFC Brandenburg

Birgit Korth war die erste Landesvorsitzende des ADFC Brandenburg. Im Interview mit Landesgeschäftsführerin Magdalena Westkemper blickt sie zurück auf eine turbulente Anfangszeit und den Einfluss des ADFC in den 1990ern in Brandenburg.

M: Liebe Birgit, erzähl uns von den Anfängen des ADFC in Brandenburg. Es hat sich ja erst die Ortsgruppe Potsdam und dann der Landesverband Brandenburg gegründet. Wie ist das damals abgelaufen und wie ist es dazu gekommen, dass du die erste Vorsitzende geworden bist?


(Lacht) Ja, das ist eine gute Frage, ich wusste gar nicht mehr genau, wann das war. Nach der Wende ist so viel passiert. Los gings mit der Gründung des ADFC Potsdam: Im April 1990 hatte der ADFC aus der Partnerstadt Bonn die Initiative ergriffen und lud über die Zeitungen alle Fahrradinteressierten ins Neue Palais in Potsdam ein. Ich hatte beim Losen zwischen mir und meinem Exmann verloren und musste zu Hause auf unser Kind aufpassen, während er an der Gründungsversammlung des ADFC Potsdam teilnahm. Zu dem Zeitpunkt waren wir ca. 20 ADFC-Mitglieder in Potsdam. Kleiner fun-fakt: Die wollten von uns damals keinen Beitrag haben, die DDR-Mark war damals nicht gewollt. Wir konnten also Mitglied werden, ohne einen Beitrag zahlen zu müssen.
In der neuen Ortsgruppe habe ich mich dann engagiert. Unser erstes Büro war im „Grünen Haus“ in der Lindenstraße und bestand anfangs nur aus einem Schreibtisch auf einem Treppenabsatz. An dieser Stelle bin ich mir nicht sicher, ob wir damals schon Computer hatten. Über das neugebildete Umweltministerium konnten wir eine Förderung für Vereine beantragen. Ich habe noch lange danach gezittert, weil ich befürchtete, wir müssen das Geld zurückzahlen. Denn nach den Maßstäben wie heute verlief das damals kurz nach der Wende nicht. Zu unserem Glück kam nie ein Rückforderungsbescheid bei uns an.


M: Und wie kam es dann zur Gründung des Landesverbands in Brandenburg?


Überall bildeten sich im ADFC Landesverbände und Brandenburg hatte noch keinen. Wir haben schneller Hand einen gegründet, das war 1992 in der Jugendherberge in Milow. In Cottbus, Brandenburg und Frankfurt gab es bereits Aktive, die wir zusammenholten. Ich wurde zur Vorsitzenden gewählt, wurde dann aber ziemlich schnell vom ADFC Bundesverband abgeworben.
Dirk Israel hat dann, nach Thomas Gernhardt, zwei Jahrzehnte den Verband als Landesvorsitzender geführt und geprägt. Viele der Leser erinnern sich bestimmt noch an ihn.


M: Was waren denn damals euren ersten Aktivitäten, was wolltet ihr erreichen?


Natürlich war immer das oberste Ziel, die Radfahrbedingungen zu verbessern. Zurückblickend waren diese damals katastrophal. Am Anfang konnten wir tatsächlich zügig was erreichen, das lief wieder über die Verbindung zum Partnerbundesland NRW: Ulrike Dörscheln, damals aktiv im ADFC NRW mit Verbindungen zur FDP, hat sich 1992/93 sinnbildlich auf den Schoß von unserem damaligen Wirtschaftsminister Hirche (FDP) gesetzt und ihm klargemacht, dass es sinnvoll wäre, in Brandenburg in die Radinfrastruktur zu investieren. Das Besondere: Es wurde nicht, wie in anderen neuen Bundesländern, planlos gebaut, sondern zuerst ein Gutachten in Auftrag gegeben. Das hat damals Rainer Schneewolf von Kommunaldata gemacht und damit die Grundlage für das gesamte Radnetz gelegt. Von diesen Investitionen zehren wir bis heute. Ohne die Verbindung zwischen ADFC und dem Wirtschaftsminister wäre wir heute nicht da, wo wir jetzt sind.


M: Zusammenfassend wart ihr ein kleiner Verband mit großer Wirkung.


Genau! Viele Leute in den Verwaltungen waren damals auch neu und standen den Vorschlägen von Verbänden offen gegenüber. Unser Know-how war in den Verwaltungen gefragt, Weiterbildungen gab es in dem Bereich kaum oder gar nicht, davon hat der ADFC profitiert. Schritt für Schritt wurden die Bedingungen für den Radverkehr auch besser, wir haben damals jeden Fortschritt gefeiert. Dazu muss betont werden, dass Potsdam schon zu DDR-Zeiten mit einem Radverkersanteil von 15% verhältnismäßig fahrradfreundlich war.


M: Wie war denn die Stimmung und Zusammenarbeit hier im ADFC? War es immer friedlich oder sind auch die Fetzen geflogen?


Wir waren nie ein Verband, in dem innerlich Krieg herrschte. Ich kann mich nur an Vorstände erinnern, die immer gut zusammengearbeitet haben. Mir war immer wichtig im Hinterkopf zu behalten, dass wir die Arbeit für den ADFC in unserer Freizeit verrichteten. Wir machten also nur das, was uns Spaß machte und wir konnten zu nichts gezwungen werden.
Ehrenamtler müssen Spaß an der Arbeit haben. Die positive Grundeinstellung ist bis heute beim ADFC Brandenburg erhalten geblieben, zum Glück.


M: Ja, das kann ich nur bestätigen (lacht). Eine letzte Frage: Gibt es einen besonders großen Unterschied zwischen dem ADFC, wie wir ihn heute kennen, und dem ADFC früher?


Um ehrlich zu sein waren wir früher planloser als heute – wir hatten überhaupt keinen Plan. Wir haben weniger nachgedacht und einfach losgelegt. Man könnte behaupten, wir seien blauäugig gewesen, aber wir waren offen gegenüber allem. Der ADFC ist viel professioneller geworden. Daraus folgen allerdings auch höhere Ansprüche an die Ehrenamtlichen und den Verein.

Anmerkung der Redaktion: Das Interview ist in der Radzeit Ausgabe 3/2023 (Nov.2023) erschienen.


https://brandenburg.adfc.de/neuigkeit/30-jahre-adfc-brandenburg

Häufige Fragen von Alltagsfahrer*innen

  • Was macht der ADFC?

    Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club e.V. (ADFC) ist mit bundesweit mehr als 190.000 Mitgliedern, die größte Interessenvertretung der Radfahrerinnen und Radfahrer in Deutschland und weltweit. Politisch engagiert sich der ADFC auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene für die konsequente Förderung des Radverkehrs. Er berät in allen Fragen rund ums Fahrrad: Recht, Technik, Tourismus.

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  • Was bringt mir eine ADFC-Mitgliedschaft?

    Radfahren muss sicherer und komfortabler werden. Wir nehmen dafür – auch Dank Ihrer Mitgliedschaft – nicht nur Einfluß auf Bundestagsabgeordnete, sondern setzen uns auf Landes- und Kommunalebene für die Interessen von Radfahrern ein. Für Sie hat die ADFC Mitgliedskarte aber nicht nur den Vorteil, dass wir uns für einen sicheren und komfortablen Radverkehr einsetzen: Sie können egal, wo Sie mit Ihrem Fahrrad unterwegs sind, deutschlandweit auf die AFDC-Pannenhilfe zählen. Außerdem erhalten Sie mit unserem zweimonatlich erscheinenden ADFC-Magazin Information rund um alles, was Sie als Radfahrer politisch, technisch und im Alltag bewegt. Zählen können ADFC-Mitglieder außerdem auf besonders vorteilhafte Sonderkonditionen, die wir mit Mietrad- und Carsharing-Anbietern sowie Versicherern und Ökostrom-Anbietern ausgehandelt haben. Sie sind noch kein Mitglied?

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  • Was muss ich beachten, um mein Fahrrad verkehrssicher zu machen?

    Wie ein Fahrrad verkehrstauglich auszustatten ist, legt die Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) fest. Vorgesehen sind darin zwei voneinander unabhängige Bremsen, die einen sicheren Halt ermöglichen. Für Aufmerksamkeit sorgen Radler*innen mit einer helltönenden Klingel, während zwei rutschfeste und festverschraubte Pedale nicht nur für den richtigen Antrieb sorgen. Je zwei nach vorn und hinten wirkende, gelbe Rückstrahler an den Pedalen stellen nämlich darüber hinaus sicher, dass Sie auch bei eintretender Dämmerung gut gesehen werden können. Ein rotes Rücklicht erhöht zusätzlich die Sichtbarkeit nach hinten und ein weißer Frontscheinwerfer trägt dazu bei, dass Radfahrende die vor sich liegende Strecke gut erkennen. Reflektoren oder wahlweise Reflektorstreifen an den Speichen sind ebenfalls vorgeschrieben. Hinzu kommen ein weißer Reflektor vorne und ein roter Großrückstrahler hinten, die laut StVZO zwingend vorgeschrieben sind.

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  • Worauf sollte ich als Radfahrer achten?

    Menschen, die Rad fahren oder zu Fuß gehen, gehören zu den ungeschützten Verkehrsteilnehmern. Sie haben keine Knautschzone – deshalb ist es umso wichtiger, sich umsichtig im Straßenverkehr zu verhalten. Dazu gehört es, selbstbewusst als Radfahrender im Straßenverkehr aufzutreten, aber gleichzeitig defensiv zu agieren, stets vorausschauend zu fahren und mit Fehlern von anderen Verkehrsteilnehmern zu rechnen.Passen Sie Ihre Fahrweise der entsprechenden Situation an und verhalten Sie sich vorhersehbar, in dem Sie beispielsweise Ihr Abbiegen durch Handzeichen ankündigen. Halten Sie Abstand von Lkw, Lieferwagen und Kommunalfahrzeugen. Aus bestimmten Winkeln können Fahrer nicht erkennen, ob sich seitlich neben dem Lkw Radfahrende befinden. Das kann bei Abbiegemanövern zu schrecklichen Unfällen führen. Beachten Sie immer die für alle Verkehrsteilnehmer gültigen Regeln – und seien Sie nicht als Geisterfahrer auf Straßen und Radwegen unterwegs.

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  • Was ist der Unterschied zwischen Pedelecs und E-Bikes?

    Das Angebot an Elektrofahrrädern teilt sich in unterschiedliche Kategorien auf: Es gibt Pedelecs, schnelle Pedelecs und E-Bikes. Pedelecs sind Fahrräder, die durch einen Elektromotor bis 25 km/h unterstützt werden, wenn der Fahrer in die Pedale tritt. Bei Geschwindigkeiten über 25 km/h regelt der Motor runter. Das schnelle Pedelec unterstützt Fahrende beim Treten bis zu einer Geschwindigkeit von 45 km/h. Damit gilt das S-Pedelec als Kleinkraftrad und für die Benutzung sind ein Versicherungskennzeichen, eine Betriebserlaubnis und eine Fahrerlaubnis der Klasse AM sowie das Tragen eines Helms vorgeschrieben. Ein E-Bike hingegen ist ein Elektro-Mofa, das Radfahrende bis 25 km/h unterstützt, auch wenn diese nicht in die Pedale treten. Für E-Bikes gibt es keine Helmpflicht, aber Versicherungskennzeichen, Betriebserlaubnis und mindestens ein Mofa-Führerschein sind notwendig. E-Bikes spielen am Markt keine große Rolle. Dennoch wird der Begriff E-Bike oft benutzt, obwohl eigentlich Pedelecs gemeint sind – rein rechtlich gibt es große Unterschiede zwischen Pedelecs und E-Bikes.

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  • Gibt es vom ADFC empfohlene Radtouren für meine Reiseplanung?

    Wir können die Frage eindeutig bejahen, wobei wir Ihnen die Auswahl dennoch nicht leicht machen: Der ADFC-Radurlaubsplaner „Deutschland per Rad entdecken“ stellt Ihnen mehr als 165 ausgewählte Radrouten in Deutschland vor. Zusätzlich vergibt der ADFC Sterne für Radrouten. Ähnlich wie bei Hotels sind bis zu fünf Sterne für eine ausgezeichnete Qualität möglich. Durch die Sterne erkennen Sie auf einen Blick mit welcher Güte Sie bei den ADFC-Qualitätsradrouten rechnen können.

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