ADFC macht Tempo beim Radnetz Brandenburg

Der ADFC Brandenburg entwickelt unter breiter Beteiligung der Öffentlichkeit ein landesweites Radnetz für Alltagsradwege in Brandenburg. Damit legen wir vor, denn die Politik hat u.a. in ihrer Radverkehrsstrategie ein Radnetz angekündigt.

Die Worte, die der Brandenburger Verkehrsminister Guido Beermann bei einer Pressekonferenz in Potsdam Anfang Mai von einem Blatt vorliest, klingen zunächst vielversprechend: „Wir machen Brandenburg zum Fahrradland“, so stellt der CDU-Mann die „Radverkehrsstrategie 2030“ vor. „Wir wollen, dass Brandenburg mehr in die Pedale tritt“, fährt er fort. Das Radfahren soll sicherer werden, denn die Mobilitätswende finde auch auf dem Fahrrad statt.

Es sind begrüßenswerte Töne: Bis 2030 sollen Brandenburger 20 Prozent ihrer Wege mit dem Fahrrad zurücklegen, heute sind es nur elf Prozent. Dafür will das Bundesland das Radnetz verbessern und ausbauen. Auch im künftigen Mobilitätsgesetz, dessen Verhandlung in den letzten Zügen ist, sind diese Ziele festgelegt.

Papier ist bekanntlich geduldig.

Und in der Radverkehrsstrategie fehlen konkrete Pläne, kritisiert der ADFC Brandenburg. „141 Maßnahmen stehen angeblich drin“, sagt Christian Wessel, stellvertretender Landesvorsitzender des ADFC: „Aber wenn man sich das genauer anguckt, sind das sehr viele Willensbekundungen und eben keine konkreten Maßnahmen mit Verantwortlichkeiten, Zielwerten und Terminen, wo man sagen könnte, bis dann und dann bauen wir so viele Kilometer Radweg.“

Bei der Entwicklung der Radverkehrsstrategie saß auch der ADFC am Verhandlungstisch. Die Strategie sollte die Funktion eines Planes haben, so Wessel. „Von einem Plan erwarte ich aber viel mehr.“ Und eigentlich müsste man bereits viel weiter sein, moniert er – mit einem Radwegebedarfsplan in Gesetzesform, einer gesicherten Finanzierung im Landeshaushalt und Personal im Landesbetrieb. Momentan wird aber noch achtmal so viel Geld für Autoverkehr ausgegeben als für Radverkehr. „Das müsste man ein Stück weit annähern, wann man ernsthaft meint, dass man den Radverkehrsanteil verdoppeln will“, erzählt er.

ADFC als Motor der Verkehrswende

In der Zwischenzeit zeigt sich der ADFC Brandenburg als Motor der dortigen Verkehrswende. „Wir geben Gas beim Thema Radnetz Brandenburg“, sagt Wessel. Damit meint er ein Radnetz ohne Lücken, mit Radverbindungen in alle Richtungen und Regionen, wie es in der Radverkehrsstrategie 2030 der Landesregierung nur angekündigt wird. Der ADFC legt vor – mit einem brandenburgweiten Netz aus Alltagsradverbindungen. „Wir haben über 3800 Mitglieder in Brandenburg, die einen guten Überblick über die Region haben und sagen können: Hier müssten mehr Radwege entstehen“. Zu einem Kickoff-Meeting im Juni kamen 30 Mitglieder. „Wir machen das jetzt schon von unten, während auf Landesebene erstmal noch diskutiert wird“, erklärt Wessel. „Denn wir wissen aus unserem Alltag, wo die Defizite sind – und was gemacht werden muss, damit mehr Leute aufs Fahrrad umsteigen wollen.“

Das Ziel einer Verdopplung des Radverkehrsanteils ist ambitioniert. „Aber es ist alles schaffbar“, betont Wessel. „Es gibt zwar Widerstände an allen Ecken und Enden, und einen kleinen Kulturkampf zwischen Autos“ – er werde als Radfahrer häufig von Autos angehupt oder angeschnauzt – „aber ich bin da optimistisch“. Laut einer bundesweiten Befragung würden 60 Prozent der Menschen gerne öfter das Fahrrad nutzen, tun es aber nicht, weil die Infrastruktur fehlt oder sie es als gefährlich empfinden. „Und da haben sie völlig recht“, fügt Wessel hinzu. Dennoch sieht er in diesen 60 Prozent eine Chance: „Genau diese Menschen müssen wir erreichen, damit wir eine Verdoppelung des Radverkehrs hinkriegen – und das erreicht man nur mit einer Verbesserung der Radinfrastruktur“.

Beispiel Belgien: In Gent wurde der Radverkehrsanteil deutlich erhöht, indem die Stadt in Tortenstücke aufgeteilt wurde. Autos können nun jeden Abschnitt von der Ringstraße außen herum erreichen, aber nur Radfahrende können kreuz und quer durch die Innenstadt fahren. Das macht Radfahren attraktiver – und sicherer. „Und das haben sie an einem Wochenende umgesetzt“, sagt Wessel.

Fortschritt für Fahrradinfrastruktur ist allerdings leider keine Selbstverständlichkeit, wie ein Blick nach Berlin zeigt: Dort hat die neue Verkehrssenatorin Manja Schreiner (CDU) alle geplanten Radwege vorerst gestoppt, um sie zu überprüfen. „Es ist eine Katastrophe“, so Wessel, „es sendet ein völlig falsches Signal“. Daraus kann Brandenburg lernen: „Wenn das Land seine eigenen Ziele erreichen will, dann geht das nicht nur mit ein bisschen Kosmetik“, betont Wessel. „Da muss man ganz gründlich und konsequent Radverkehrsinfrastruktur ausbauen.“

Autor: Nicholas Potter
Dieser Artikel ist in der Radzeit 03/2023 erschienen, dem Mitgliedermagazin vom ADFC Berlin und ADFC Brandenburg


https://brandenburg.adfc.de/neuigkeit/adfc-macht-tempo-beim-radnetz-brandenburg

Häufige Fragen von Alltagsfahrer*innen

  • Was macht der ADFC?

    Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club e.V. (ADFC) ist mit bundesweit mehr als 190.000 Mitgliedern, die größte Interessenvertretung der Radfahrerinnen und Radfahrer in Deutschland und weltweit. Politisch engagiert sich der ADFC auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene für die konsequente Förderung des Radverkehrs. Er berät in allen Fragen rund ums Fahrrad: Recht, Technik, Tourismus.

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  • Was bringt mir eine ADFC-Mitgliedschaft?

    Radfahren muss sicherer und komfortabler werden. Wir nehmen dafür – auch Dank Ihrer Mitgliedschaft – nicht nur Einfluß auf Bundestagsabgeordnete, sondern setzen uns auf Landes- und Kommunalebene für die Interessen von Radfahrern ein. Für Sie hat die ADFC Mitgliedskarte aber nicht nur den Vorteil, dass wir uns für einen sicheren und komfortablen Radverkehr einsetzen: Sie können egal, wo Sie mit Ihrem Fahrrad unterwegs sind, deutschlandweit auf die AFDC-Pannenhilfe zählen. Außerdem erhalten Sie mit unserem zweimonatlich erscheinenden ADFC-Magazin Information rund um alles, was Sie als Radfahrer politisch, technisch und im Alltag bewegt. Zählen können ADFC-Mitglieder außerdem auf besonders vorteilhafte Sonderkonditionen, die wir mit Mietrad- und Carsharing-Anbietern sowie Versicherern und Ökostrom-Anbietern ausgehandelt haben. Sie sind noch kein Mitglied?

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  • Was muss ich beachten, um mein Fahrrad verkehrssicher zu machen?

    Wie ein Fahrrad verkehrstauglich auszustatten ist, legt die Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) fest. Vorgesehen sind darin zwei voneinander unabhängige Bremsen, die einen sicheren Halt ermöglichen. Für Aufmerksamkeit sorgen Radler*innen mit einer helltönenden Klingel, während zwei rutschfeste und festverschraubte Pedale nicht nur für den richtigen Antrieb sorgen. Je zwei nach vorn und hinten wirkende, gelbe Rückstrahler an den Pedalen stellen nämlich darüber hinaus sicher, dass Sie auch bei eintretender Dämmerung gut gesehen werden können. Ein rotes Rücklicht erhöht zusätzlich die Sichtbarkeit nach hinten und ein weißer Frontscheinwerfer trägt dazu bei, dass Radfahrende die vor sich liegende Strecke gut erkennen. Reflektoren oder wahlweise Reflektorstreifen an den Speichen sind ebenfalls vorgeschrieben. Hinzu kommen ein weißer Reflektor vorne und ein roter Großrückstrahler hinten, die laut StVZO zwingend vorgeschrieben sind.

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  • Worauf sollte ich als Radfahrer achten?

    Menschen, die Rad fahren oder zu Fuß gehen, gehören zu den ungeschützten Verkehrsteilnehmern. Sie haben keine Knautschzone – deshalb ist es umso wichtiger, sich umsichtig im Straßenverkehr zu verhalten. Dazu gehört es, selbstbewusst als Radfahrender im Straßenverkehr aufzutreten, aber gleichzeitig defensiv zu agieren, stets vorausschauend zu fahren und mit Fehlern von anderen Verkehrsteilnehmern zu rechnen.Passen Sie Ihre Fahrweise der entsprechenden Situation an und verhalten Sie sich vorhersehbar, in dem Sie beispielsweise Ihr Abbiegen durch Handzeichen ankündigen. Halten Sie Abstand von Lkw, Lieferwagen und Kommunalfahrzeugen. Aus bestimmten Winkeln können Fahrer nicht erkennen, ob sich seitlich neben dem Lkw Radfahrende befinden. Das kann bei Abbiegemanövern zu schrecklichen Unfällen führen. Beachten Sie immer die für alle Verkehrsteilnehmer gültigen Regeln – und seien Sie nicht als Geisterfahrer auf Straßen und Radwegen unterwegs.

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  • Was ist der Unterschied zwischen Pedelecs und E-Bikes?

    Das Angebot an Elektrofahrrädern teilt sich in unterschiedliche Kategorien auf: Es gibt Pedelecs, schnelle Pedelecs und E-Bikes. Pedelecs sind Fahrräder, die durch einen Elektromotor bis 25 km/h unterstützt werden, wenn der Fahrer in die Pedale tritt. Bei Geschwindigkeiten über 25 km/h regelt der Motor runter. Das schnelle Pedelec unterstützt Fahrende beim Treten bis zu einer Geschwindigkeit von 45 km/h. Damit gilt das S-Pedelec als Kleinkraftrad und für die Benutzung sind ein Versicherungskennzeichen, eine Betriebserlaubnis und eine Fahrerlaubnis der Klasse AM sowie das Tragen eines Helms vorgeschrieben. Ein E-Bike hingegen ist ein Elektro-Mofa, das Radfahrende bis 25 km/h unterstützt, auch wenn diese nicht in die Pedale treten. Für E-Bikes gibt es keine Helmpflicht, aber Versicherungskennzeichen, Betriebserlaubnis und mindestens ein Mofa-Führerschein sind notwendig. E-Bikes spielen am Markt keine große Rolle. Dennoch wird der Begriff E-Bike oft benutzt, obwohl eigentlich Pedelecs gemeint sind – rein rechtlich gibt es große Unterschiede zwischen Pedelecs und E-Bikes.

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  • Gibt es vom ADFC empfohlene Radtouren für meine Reiseplanung?

    Wir können die Frage eindeutig bejahen, wobei wir Ihnen die Auswahl dennoch nicht leicht machen: Der ADFC-Radurlaubsplaner „Deutschland per Rad entdecken“ stellt Ihnen mehr als 165 ausgewählte Radrouten in Deutschland vor. Zusätzlich vergibt der ADFC Sterne für Radrouten. Ähnlich wie bei Hotels sind bis zu fünf Sterne für eine ausgezeichnete Qualität möglich. Durch die Sterne erkennen Sie auf einen Blick mit welcher Güte Sie bei den ADFC-Qualitätsradrouten rechnen können.

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