Das bringt das neue Mobilitätsgesetz für Brandenburg

Von angebotsorientierter Planung bis zum landesweiten Zielnetz für Radverkehr und öffentlichen Verkehr: Was bringt das neue Mobilitätsgesetz für Bürger:innen und Kommunen?

Potsdam, den 24. Januar 2024: Heute wurden im Landtag nach drei Jahren intensiver Arbeit und nach langem Ringen zwischen dem Bündnis Verkehrswende Brandenburg, dem Verkehrsministerium und den Regierungsfraktionen das erste Mobilitätsgesetz des Landes Brandenburg sowie bedeutende Änderungen im ÖPNV- und im Straßengesetz verabschiedet.

„Wir freuen uns, dass es doch noch zu diesem Kompromiss gekommen ist. So konnten wenigstens für einen Sektor die Klimaschutzziele rechtlich festgeschrieben werden“, erläutert Franziska Sperfeld, Vorsitzende des BUND Brandenburg.

„Mit dem Mobilitätsgesetz erhält Brandenburg nach Berlin, Nordrhein-Westfalen und Hessen endlich eine gesetzliche Grundlage für den Rad- und Fußverkehr. Das ist ein wichtiger Schritt in Richtung Gleichberechtigung der Verkehrsmittel und die zentrale Voraussetzung dafür, dass der Umstieg aufs Rad attraktiver gemacht wird“, ergänzt Christian Wessel, stellvertretender Vorsitzender des ADFC Brandenburg.

„Das Mobilitätsgesetz stellt die Weichen für deutliche Verbesserungen im Bahn- und Busangebot - auch auf dem Land. Unser Ziel, das ÖPNV-Gesetz in das Mobilitätsgesetz zu integrieren, bleibt auf der Agenda. Noch vor der Landtagswahl soll geklärt werden, wie das rechtlich funktionieren kann. Unabhängig davon ist der heutige Gesetzesbeschluss erst der Startschuss. Die amtierende und die kommende Landesregierung sind gefordert, die Verkehrswende nun mit Leben zu erfüllen“, erklärt Fritz Viertel, Vorsitzender des ökologischen Verkehrsclubs VCD Brandenburg.

Filibert Hein, Vertreter von Fridays for Future Brandenburg: „Auch im Brandenburgischen Straßengesetz zeigt sich jetzt deutlich die Mobilitätswende, so muss der Neubau von Landesstraßen künftig im Einzelfall begründet und beschlossen werden. Der Landesstraßenbedarfsplan wurde gestrichen.“

„Drei Jahre lang haben Ehrenamtliche an diesem Gesetz mitgeschrieben und für eine zukunftsfähige Mobilität in Brandenburg gekämpft. Ohne dieses Engagement aus der Zivilgesellschaft, hätte es kein solches Gesetz gegeben. Wir hoffen, dass Politik und Verwaltung aus diesem Prozess lernen und die direkte Demokratie in Brandenburg mit diesem Beispiel gestärkt wird“, so Michael Ganschow, Geschäftsführer der Grünen Liga.

Was ändert sich für Bürger:innen und Kommunen?

Die wichtigsten Regelungen des neuen Mobilitätsgesetzes im Überblick

  • Mit dem Mobilitätsgesetz erhält Brandenburg erstmals eine gesetzliche Grundlage für den Rad- und Fußverkehr und schreibt das Ziel einer umwelt-, sozial- sowie klimaverträglichen Mobilität fest, die zugleich sicher, barriere- und diskriminierungsfrei sein soll.
  • § 1 Abs. 2 und 3 verknüpfen die Entwicklung der Mobilität mit den Klimazielen und schaffen damit eine rechtliche Grundlage für eine klimaneutrale Mobilität bis spätestens 2045.
  • §1 (5) definiert Radfahrende und Zu-Fuß-Gehende als besonders schutzbedürftige Personen und damit als eine Schwerpunktgruppe für die Verkehrssicherheitsarbeit des Landes.
  • § 3 (1) schreibt das Prinzip „Erhalt vor Neubau“ für die Landstraßen in Brandenburg fest. Neben Sicherheitsaspekten sind beim Ausbau von Straßen zukünftig auch der Ressourceneinsatz und die Versiegelung zu berücksichtigen.
  • § 4 erleichtert es Kommunen, geeignete Straßen und Plätze für Aufenthalt und zum Verweilen nutzbar zu machen.
  • Laut § 6 soll bei Siedlungsbauvorhaben die Anbindung an den öffentlichen Verkehr berücksichtigt werden. Das Land entwickelt hierfür einen Mobilitätscheck.
  • In § 7 und § 12 verpflichtet sich das Land, die Kommunen bei der Umsetzung einer nachhaltigen Mobilitätswende und bei der Förderung des Rad- und Fußverkehrs mit geeigneten Strukturen zu unterstützen.
  • § 10 und 11 heben hervor, dass Radfahren landesweit so attraktiv werden soll, dass sich mehr Menschen im Alltag für das Rad entscheiden. Die Anzahl der Wege, die mit dem Rad zurückgelegt werden, soll sich verdoppeln.
  • Gemäß § 13 geht das Land Brandenburg als Vorbild voran und macht seine Dienststellen fahrradfreundlicher.
  • Gemäß § 18 konzipiert das Land Brandenburg gemeinsam mit den Kommunen, ein baulastträgerübergreifendes „Radnetz Brandenburg“ mit dem Ziel, ein flächendeckendes Radverkehrsnetz mit durchgehenden, sicheren, attraktiven, umwegarmen und komfortabel befahrbaren Radverkehrsverbindungen zu schaffen. Der ADFC hat hierzu bereits kürzlich seinen Vorschlag veröffentlicht.
  • § 19 regelt die Zustandserfassung und Mängelbeseitigung auf Radwegen mit dem Ziel, Schwachstellen zu beseitigen und ein einheitliches Qualitätsniveau zu erreichen.
  • Durch § 23 unterstützt das Land die Kommunen bei der Errichtung von Anlagen für Bike + Ride, Park + Ride sowie Mobilitätsstationen.
  • §§ 28-33: Ein umfangreicher Unterabschnitt widmet sich der Verkehrssicherheit von Fahrradfahrerenden und zu-Fuß-Gehenden.

Die wichtigsten Änderungen des ÖPNV Gesetzes im Überblick

  • § 2 regelt, dass der öffentliche Verkehr zukünftig angebotsorientiert geplant werden muss und dabei ein Integraler Taktfahrplan angestrebt wird. Das heißt der ÖPNV soll so ausgebaut, sinnvoll getaktet und verknüpft werden, dass er für möglichst viele Menschen eine Alternative zum Auto bietet. Es wird außerdem das Ziel eines barriere- und diskriminierungsfreien öffentlichen Verkehrs formuliert.
  • § 4 regelt, dass das Land gemeinsam mit den kommunalen Aufgabenträgern ein landesweites ÖPNV-Netz erarbeitet. Damit soll eine vollständige Erschließung des Landes durch den öffentlichen Personennahverkehr erreicht werden. Der Schienenpersonennahverkehr soll im Grundtakt mindestens stündlich fahren.
  • Mit § 4 (4) verpflichtet sich das Land zum weiteren Ausbau des Schienenverkehrs, einschließlich der Reaktivierung stillgelegter Strecken (§ 4 (7)).

Die wichtigsten Änderungen des Straßengesetzes im Überblick

  • § 2 selbstständige Radwege werden als Straßen definiert und diesen damit gleichgestellt.
  • § 3 Radschnellverbindungen fallen in die Baulast des Landes. Damit gemeint sind Radwege von übergeordneter Verbindungsfunktion unabhängig vom Ausbaustandard eines Radschnellweges. Diese Regelung ermöglicht es z.B. Radwege in empfindlichen Landschaftsräumen auch mit teilweise geringerer Breite oder anderen Belägen zu bauen, um individuell angepasste Lösungen zu entwickeln.
  • § 9 beim Bau von Straßen ist zukünftig ergänzend zu den bestehenden Kriterien auch der Schutz der Alleen, die Reduzierung der Treibhausgasemissionen und die Reduzierung des Flächenverbrauchs für Verkehrsflächen zu berücksichtigen.
  • § 18 a ermöglicht es Kommunen Verkehrsflächen für Carsharing Parkplätze zu bestimmen.
  • § 35 der Neubau von Straßen muss sich an den Grundsätzen des Mobilitätsgesetzes orientieren.
  • § 43 die Aufstellung des Landesstraßenbedarfsplanes wird gestrichen. Zukünftig wird es damit keinen Automatismus mehr für den Bau von Landstraßen geben. Neue Landstraßen dürfen nur im Ausnahmefall gebaut werden.

Über das Bündnis Verkehrswende Brandenburg

Unser Bündnis, ein Zusammenschluss von Brandenburger Verkehrs- und Umweltverbände, von Gewerkschaften und Jugendorganisationen, ist Träger der erfolgreichen Volksinitiative Verkehrswende Brandenburg jetzt!. Dadurch vertritt es ein breites gesellschaftliches Spektrum.

Das Bündnis wurde ins Leben gerufen von VCD Brandenburg, ADFC Brandenburg und BUNDBrandenburg. Im Bündnis engagieren außerdem Argus Potsdam, die Brandenburgische Studierendenvertretung, die BUND Jugend, Changing Cities, der Deutsche Bahnkundenverband, die Eisenbahnverkehrsgewerkschaft (EVG), Fridays For Future Brandenburg, die Gewerkschaft der Lokomotivführer (GDL), Greenpeace, Grüne Liga Brandenburg, der NABU Brandenburg, die NaturFreunde Brandenburg, Potsdam autofrei, das Umweltbüro der Evangelischen Kirche und der Verband der deutschen Verkehrsunternehmen Ost (VDV Ost).

Pressekontakte:
für allg. Anfragen VCD Brandenburg • Anja Hänel (Geschäftsführerin) • Tel. 0331/201 55 60 mobil 0176 320 55 610 • presse@vcd-brandenburg.de.
ADFC Brandenburg • Christian Wessel (stellv. Landesvorsitzender) • 0173 2003200
BUND Brandenburg • Franziska Sperfeld (Landesvorsitzende) • 0178 1448239
Fridays For Future Brandenburg • Filibert Heim (+49176 55506353)
Grüne Liga • Michael Ganschow (Geschäftsführer) • 0331-2015520
VCD-Brandenburg • Fritz Viertel (Vorsitzender) • 01522 6122467


https://brandenburg.adfc.de/neuigkeit/das-bringt-das-neue-mobilitaetsgesetz-fuer-brandenburg

Häufige Fragen von Alltagsfahrer*innen

  • Was macht der ADFC?

    Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club e.V. (ADFC) ist mit bundesweit mehr als 190.000 Mitgliedern, die größte Interessenvertretung der Radfahrerinnen und Radfahrer in Deutschland und weltweit. Politisch engagiert sich der ADFC auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene für die konsequente Förderung des Radverkehrs. Er berät in allen Fragen rund ums Fahrrad: Recht, Technik, Tourismus.

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  • Was bringt mir eine ADFC-Mitgliedschaft?

    Radfahren muss sicherer und komfortabler werden. Wir nehmen dafür – auch Dank Ihrer Mitgliedschaft – nicht nur Einfluß auf Bundestagsabgeordnete, sondern setzen uns auf Landes- und Kommunalebene für die Interessen von Radfahrern ein. Für Sie hat die ADFC Mitgliedskarte aber nicht nur den Vorteil, dass wir uns für einen sicheren und komfortablen Radverkehr einsetzen: Sie können egal, wo Sie mit Ihrem Fahrrad unterwegs sind, deutschlandweit auf die AFDC-Pannenhilfe zählen. Außerdem erhalten Sie mit unserem zweimonatlich erscheinenden ADFC-Magazin Information rund um alles, was Sie als Radfahrer politisch, technisch und im Alltag bewegt. Zählen können ADFC-Mitglieder außerdem auf besonders vorteilhafte Sonderkonditionen, die wir mit Mietrad- und Carsharing-Anbietern sowie Versicherern und Ökostrom-Anbietern ausgehandelt haben. Sie sind noch kein Mitglied?

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  • Was muss ich beachten, um mein Fahrrad verkehrssicher zu machen?

    Wie ein Fahrrad verkehrstauglich auszustatten ist, legt die Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) fest. Vorgesehen sind darin zwei voneinander unabhängige Bremsen, die einen sicheren Halt ermöglichen. Für Aufmerksamkeit sorgen Radler*innen mit einer helltönenden Klingel, während zwei rutschfeste und festverschraubte Pedale nicht nur für den richtigen Antrieb sorgen. Je zwei nach vorn und hinten wirkende, gelbe Rückstrahler an den Pedalen stellen nämlich darüber hinaus sicher, dass Sie auch bei eintretender Dämmerung gut gesehen werden können. Ein rotes Rücklicht erhöht zusätzlich die Sichtbarkeit nach hinten und ein weißer Frontscheinwerfer trägt dazu bei, dass Radfahrende die vor sich liegende Strecke gut erkennen. Reflektoren oder wahlweise Reflektorstreifen an den Speichen sind ebenfalls vorgeschrieben. Hinzu kommen ein weißer Reflektor vorne und ein roter Großrückstrahler hinten, die laut StVZO zwingend vorgeschrieben sind.

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  • Worauf sollte ich als Radfahrer achten?

    Menschen, die Rad fahren oder zu Fuß gehen, gehören zu den ungeschützten Verkehrsteilnehmern. Sie haben keine Knautschzone – deshalb ist es umso wichtiger, sich umsichtig im Straßenverkehr zu verhalten. Dazu gehört es, selbstbewusst als Radfahrender im Straßenverkehr aufzutreten, aber gleichzeitig defensiv zu agieren, stets vorausschauend zu fahren und mit Fehlern von anderen Verkehrsteilnehmern zu rechnen.Passen Sie Ihre Fahrweise der entsprechenden Situation an und verhalten Sie sich vorhersehbar, in dem Sie beispielsweise Ihr Abbiegen durch Handzeichen ankündigen. Halten Sie Abstand von Lkw, Lieferwagen und Kommunalfahrzeugen. Aus bestimmten Winkeln können Fahrer nicht erkennen, ob sich seitlich neben dem Lkw Radfahrende befinden. Das kann bei Abbiegemanövern zu schrecklichen Unfällen führen. Beachten Sie immer die für alle Verkehrsteilnehmer gültigen Regeln – und seien Sie nicht als Geisterfahrer auf Straßen und Radwegen unterwegs.

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  • Was ist der Unterschied zwischen Pedelecs und E-Bikes?

    Das Angebot an Elektrofahrrädern teilt sich in unterschiedliche Kategorien auf: Es gibt Pedelecs, schnelle Pedelecs und E-Bikes. Pedelecs sind Fahrräder, die durch einen Elektromotor bis 25 km/h unterstützt werden, wenn der Fahrer in die Pedale tritt. Bei Geschwindigkeiten über 25 km/h regelt der Motor runter. Das schnelle Pedelec unterstützt Fahrende beim Treten bis zu einer Geschwindigkeit von 45 km/h. Damit gilt das S-Pedelec als Kleinkraftrad und für die Benutzung sind ein Versicherungskennzeichen, eine Betriebserlaubnis und eine Fahrerlaubnis der Klasse AM sowie das Tragen eines Helms vorgeschrieben. Ein E-Bike hingegen ist ein Elektro-Mofa, das Radfahrende bis 25 km/h unterstützt, auch wenn diese nicht in die Pedale treten. Für E-Bikes gibt es keine Helmpflicht, aber Versicherungskennzeichen, Betriebserlaubnis und mindestens ein Mofa-Führerschein sind notwendig. E-Bikes spielen am Markt keine große Rolle. Dennoch wird der Begriff E-Bike oft benutzt, obwohl eigentlich Pedelecs gemeint sind – rein rechtlich gibt es große Unterschiede zwischen Pedelecs und E-Bikes.

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  • Gibt es vom ADFC empfohlene Radtouren für meine Reiseplanung?

    Wir können die Frage eindeutig bejahen, wobei wir Ihnen die Auswahl dennoch nicht leicht machen: Der ADFC-Radurlaubsplaner „Deutschland per Rad entdecken“ stellt Ihnen mehr als 165 ausgewählte Radrouten in Deutschland vor. Zusätzlich vergibt der ADFC Sterne für Radrouten. Ähnlich wie bei Hotels sind bis zu fünf Sterne für eine ausgezeichnete Qualität möglich. Durch die Sterne erkennen Sie auf einen Blick mit welcher Güte Sie bei den ADFC-Qualitätsradrouten rechnen können.

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